Suche Frau für 24 Stunden Weltrekord
Hier bekommt ihre als "Teaser" das erste Kapitel des Buches "Suche Frau für 24 Stunden Weltrekord" zu lesen. Nicole Walde beschreibt ihren Weg zum 24h Weltrekord.
Zur Spezie 2017 soll das Buch erscheinen.
Was ist Glück und wo kann man es kaufen?
Ich hatte gedacht, wenn ich es schaffe, ohne Geld ein Haus zu bauen, müsste ich automatisch der glücklichste Mensch der Welt werden, ich hätte einen Ort, an dem ich Wurzeln schlagen kann, dann wäre alles gut. Einfach so. Aber obwohl mein Haus nicht nur schön geworden ist, sondern ich sogar schaffe, es zu bezahlen, komme ich einfach nicht an den Punkt, wo ich dasitze und sage, ich bin mit meinem Leben zufrieden, so wie es ist.
Was fehlt denn?
Auf meiner Liste an Dingen, die ich meine zu brauchen, stehen bloß noch:
- ein Mann
- ein Weltrekord (haha, also: sportlicher Erfolg in meiner bescheidenen Leistungsklasse, ohne Doping, mit Spaß..)
- vielleicht ein Kind,
- vielleicht noch mehr Abwechslung im Beruf
Alles so Sachen, die - anders als bei einem Hausbau - nicht bloß von mir alleine abhängen.
Gerade so Traummänner stehen nicht an jeder Straßenecke, und bevor ich einen „fast guten“ Mann in mein schönes Haus lasse, bleib ich lieber allein. Man hört dann Sachen wie „Du bist zu anspruchsvoll“, „Probiers halt im Internet“, aber ich hab wirklich keine Zeit und Lust auf hunderte Dates mit Männern, die auf 100 m Entfernung nicht zu mir passen. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich verdient habe, einen zu bekommen, der mir auch gefällt. Und es sind tatsächlich GAR keine da, die auch bloß „halb“ passen würden. Also bin ich bei diesem Thema dazu verdammt, mich darauf zu verlassen, dass von alleine alles gut wird. Und da beruflich so weit alles o.k. ist, bleibt das Thema Sport.
Bis ich 16 war, hatte ich wenig zu tun mit sportlicher Aktivität, bis während eines 800 m Laufs an der Schule ein überaus freundlicher Mitschüler die Worte „ROLL mal schneller“ an mich richtete. Ich war so wütend, dass ich jeden Tag einmal um unseren Häuserblock rannte. Das machte Spaß und hatte den positiven Effekt, dass ich nicht nur eine schönere Figur bekam, sondern beim nächsten Klassenevent „1000 m Lauf“ bereits schneller war, als genau dieser Mitschüler. Ich durfte im gleichen Jahr unsere Schule bei einem „3-Schulenlauf“ vertreten, wo ich den Gesamtsieg einfahren konnte, weil ich als einzige nicht zu schnell losgerast war beim Start, und als meine Eltern dem ganzen einen pädagogischen Riegel vorschieben wollten, indem sie mich auf einen 5 km Lauf schickten, in der Hoffnung, danach würde ich endlich das Interesse verlieren an dem Quatsch, konnte ich auch da als Gesamtfünfte und erste Frau aufs Siegerpodest steigen. Natürlich fand ich das total toll, und im Zuge der neuen Mode, Marathon zu laufen, ging es damit weiter, sogar bis zu einem dritten Platz bei „Deutschen Meisterschaften Jugend“. Aber nur bis zum Abitur, danach fehlten irgendwie Zeit und Trainingsanreize.
Ich hatte eine kurze Karriere in der Triathlon Regionalliga, die mit der Auflösung des Damenteams von Viktoria Augsburg bald endete, und zwei Team - Medallien bei Deutschen Meisterschaften „10 km Laufen“ waren mehr durch Glück als Können in meinen Besitz gekommen.
Alles ganz nett, aber immer, wenn die körperliche Form in Schwung gekommen war, kam irgendetwas dazwischen.
Nach dem Hausbau hatte ich mir zwei wirklich gute Rennräder geleistet, mit dem Hintergedanken, solange damit zur Arbeit nach München fahren zu MÜSSEN, bis ich den Kaufpreis bei der Deutschen Bahn wieder eingespart habe. Ein guter Anreiz, Fahrrad zu fahren! Mein Kollege im Dienst hatte damit angefangen, die gut 60 km mit dem Rennrad zurückzulegen, und ich hatte mich darauf eingelassen, regelmäßig mein Leben zu riskieren bei dem Versuch, seinen Windschatten nicht zu verlieren, koste es, was es wolle. Das war ein Training, bei dem ich oft genug den Tränen nah war,aber garantiert das Letzte aus mir herausgeholt hatte. Für mich optimal, denn freiwillig steh ich eher nicht vom Sofa auf - wenn ich es dann geschafft hatte, mich nicht vom Kollegen abschütteln zu lassen und vor Erschöpfung fast nicht mehr aus der Badewanne aussteigen konnte, war ich der glücklichste Mensch auf der Welt.
Leider hat sich dieser Kollege dann 2012 ein VELOMOBIL gekauft: ein sauteures, vollverkleidetes Liegefahrrad, was supercool aussieht und womit mein Kollege ohne größeren Aufwand 50 km/h fahren konnte. Ohne Motor. Nur mit Muskelkraft! Ich war ziemlich neidisch! Er brauchte nie wieder mehr, als zwei Stunden in den Dienst, ich mit dem Rennrad im Winter manchmal bis zu drei Stunden, wenn ich nicht fit war. Aber ich hätte so was nicht bezahlen können. Außerdem war die kleine Rakete so flach, dass man sie im Straßenverkehr leicht übersehen konnte, da hatte ich auch Respekt.Wie kann ich - mit der Verantwortung, ein Haus abbezahlen zu müssen, so ein riskantes Teil wollen? Und wie soll jemand, der hunderte Nebenjobs macht, um sein Haus zu finanzieren, Geld für so ein Ding über haben?
Mein Kollege hatte mittlerweile mit drei anderen Fahrern auf dem DEKRA Lausitzring einen Weltrekordversuch über 24 Stunden erfolgreich absolviert. Von einem kompetenten Team unterstützt, sind die abwechselnd 24 Stunden lang im Kreis gefahren, mit einem unglaublichen Schnitt von 61 km/h! Mit FAHRRÄDERN!!!
Das ist für mich wie eine Offenbarung! Mein Kollege ist gut, keine Frage, aber eben für mich noch als normaler Mensch einzuordnen.
Natürlich ist er etwas verrückt -
aber : tendenziell bekloppt,
und immer auf der Suche nach der besonderen Herausforderung
bin ich auch.
Und der geht los und bekommt einen Weltrekord. DAS IST TOLL!!!
Voller Begeisterung entscheide ich, das Projekt „Velomobil unter 10 kg“ anzugehen. Gleichzeitig steht sofort im Raum, dass ich einen Weltrekord will. Ich hatte schon herausgefunden, dass der 12- Stunden - Rekord der Frauen bei etwa 39 km/h liegt, das klingt einigermaßen realistisch. 24 Stunden kann ich mir nicht vorstellen, ich ohne Schlaf, das funktioniert überhaupt nicht gut. Außerdem weiß ich von einer Fahrerin, die sich diesen 24 Stunden Rekord vorgenommen hat, da will ich mich nicht einmischen, es sind schließlich genug Rekorde da.
Eigentlich ist es tendenziell größenwahnsinnig von mir. Eigentlich ist es sogar VÖLLIG größenwahnsinnig. Ich bin nicht in Form, ich habe kein Fahrzeug, ich bin noch nie Velomobil gefahren, ich habe keine Lust auf Basteln (wer repariert mir das Velomobil, wenn es kaputt ist, und ich es selber nicht kann). Und bei so einem Rekordversuch wird von einem erwartet, dass man mit „Team“ anreist. Da fällt mir auch keiner ein...
Aber Harry (der Erbauer meines Mini-Velomobil) meint, das ist alles nicht so unrealistisch. Er wäre auch bereit und in der Lage, mir ein spezielles Rekordfahrzeug zu bauen.
Ich lerne dann, dass große, schwere Leute beim Velomobil im Vorteil sind. Ein Mensch leistet eine bestimmte Anzahl an Watt pro Kilogramm, ergo hat ein schwerer Mensch mehr Watt Leistung zu Verfügung als ein leichter. Natürlich kann man trainieren, um seine Leistung in Watt zu verbessern, aber nur in einem begrenzten Rahmen. Beim Rennrad brauche ich als leichter Mensch nicht so viel Watt, um schnell zu fahren, beim Velomobil wohl schon. Außer vielleicht, das Velomobil ist kleiner und leichter. Also wieder so ein Punkt:
Wie in aller Welt komme ICH mit meinen 44 kg darauf, einen Weltrekord in einem Velomobil fahren zu wollen???
Während Harry dabei ist, mein Alltags-Minivelomobil zu kreieren, fragt mich einer, der sich offensichtlich auskennt, ob ich überhaupt weiß, worauf ich mich da einlasse. Ob ich jemals schon mal am Stück eine so lange Strecke gefahren bin
( ich hatte gar nicht den Eindruck, dass 12 Stunden so lang ist, wenn ich an die Leute mit den 24 Stunden denke..aber ja, tatsächlich..eine Kurzstrecke sind die 12 Stunden nicht. Jedenfalls nicht, wenn man den Rekord will..)
Und ob ich nicht erstmal in Ruhe ein paar Brevets absolvieren sollte
(WAS in aller Welt ist ein BREVET???)
(O.k.,er meint,dass ich so Langstreckenevents mitmachen soll..)
Ich kann es nicht erklären. Natürlich weiß ich NICHT, was auf mich zukommt. Ich hab es schließlich noch nie gemacht. Aber ich will NICHT irgendwelche Sachen vorher ausprobieren, ich will EINFACH 12 Stunden fahren, da, wo es zählt und fertig! Ich bin nicht so ein Sicherheitsfanatiker mit Netz und doppeltem Boden. Im Ernstfall kommt bei mir dann schon das in dem Moment Bestmögliche raus. Auf den Körper hören kann ich einigermaßen. Verschätzt hat sich jeder mal. Aber versuchen muss man es, wenn man wissen will, was dabei rauskommt.
Also was soll das. Ich hab keine Zeit für unwichtigen Quatsch.. An dem Weltrekordwochenende auf der Dekra 2015, wo die nächste Möglichkeit für so einen Rekord wäre, muss ich eigentlich arbeiten. Ich weiß nicht, ob ich frei kriege, ich weiß nicht, ob ich es bezahlen kann, frei zu haben. Ich habe kein Fahrzeug, kein Team und keine Ahnung. Aber ich weiß genau:
ICH WILL DA HIN! Ich will das machen.
Als am 24.12.2014 die Jungfernfahrt des Minimobils stattfindet, bin ich begeistert, wie viel Spaß es macht. Ich brauche zwar ungefähr 10 km, bis ich merke, dass man das Vorderlicht vielleicht nach vorne richten muss, um nachts was zu sehen, aber ich komme mit der Art der Bewegung sofort zurecht, als hätte ich mein Leben lang darauf gewartet, Liegerad zu fahren. Allerdings muss ich feststellen, dass ich allerhöchstens eine Viertelstunde lang damit 40 km/h fahren kann. Um einen Weltrekord zu kriegen, muss ich 12 Stunden lang MEHR als 40 km/h schaffen. Die große Frage: liegt das am Velomobil oder an mir. Harry meint, dass er ja sowieso noch ein anderes baut, aber nach einer Bauphase von über 6 Monaten und der Tatsache, dass ca. einmal pro Woche etwas am Fahrzeug kaputt geht, lassen bei mir leise Zweifel aufkommen.Was Harry da gebaut hat, ist genial! Und hat mich nur das Material gekostet. Aber für so einen Rekord braucht man ein Fahrzeug, was SEHR schnell fährt, OPTIMAL auf mich angepasst ist, und getestet ist, damit es nach Möglichkeit heile bleibt über die 12 Stunden. Harry hatte vor, mich nicht mit seinem Rekordfahrzeug auf die Straße zu lassen, er wollte nur ein paar Mal auf besonderen Strecken Tests machen, ich hätte gar keine Gelegenheit, mich auf Geschwindigkeit und Eigenschaften des Fahrzeugs einzustellen. Wie in aller Welt soll man sich dann einfahren, sich ans lange Sitzen gewöhnen, lernen, damit richtig zu fahren und trainieren, damit lange schnell zu fahren? Nachdem ich dann mein kleines Alltagsminimobil in einer deutlich zu schnell gefahrenen Kurve auch mal umgeschmissen habe, kommen Harry Zweifel, ob ihm ganz wohl dabei ist, dass ich dauernd mit SEINEM Fahrzeug durch die Gegend düse. Wenn mich jemand tot fährt...das lässt ihm keine Ruhe. Vor allem, weil ja tatsächlich immer wieder etwas kaputt geht. Wenn bei 50 km/h irgendetwas Wichtiges abfällt, kann es schon zu Unfällen kommen..
( bergab fährt das Minimobil sogar mit mir Leichtgewicht hin und wieder 50 km/h...)
Er ist also einverstanden, dass ich mich auch anderweitig nach Rekordfahrzeugen umhören will.
In Dornbirn wird mir dann tatsächlich eine Probefahrt in einem Milan SL möglich gemacht. Patrick F. baut einen großen Berg Styroporplatten hinein - und es funktioniert einigermaßen, um zu sehen, dass ich es in Schwung bringe. Aber es hat keinen Tacho, also kann ich wieder nicht herausfinden, wie schnell ich mit einem „richtigen“ Rekordfahrzeug fahren kann. Aber immerhin sagt Patrick, dass Eggert B., der Designer vom Milan, die Herstellung eines Milan XS vielleicht in Betracht ziehen würde. Alles noch unklar und garantiert nicht mehr 2015. Aber immerhin eine Chance. Ich habe aber trotzdem wieder ein blödes Gefühl. Selbst wenn der tatsächlich eine Form baut, und ich dann eins der ersten Modelle haben könnte - so ein Fahrzeug wäre unbezahlbar - und die nächste Möglichkeit, es im Falle eines Defekts (ein neues Fahrzeug hat IMMER Defekte, hab ich mir sagen lassen) reparieren zu lassen, wäre dann in Dornbirn, 150 km weg...wie soll das gehen? Ich wär mutterseelenallein mit dem Gerät. Ein Rennrad passt ja im Notfall mal in ein Zugabteil der Deutschen Bahn oder in ein angehaltenes Auto, wenn was ist. Mein Kollege lässt sich da dann von seiner Frau abholen..ziemlich oft..Hmm. Na ja..Ich sehe mein Vorhaben in weite Ferne gerückt.
Die andere Möglichkeit, ein DF, scheint mir noch aussichtsloser. Warteliste für DF endlos, Daniel Fenn hat gerade erst ein DF XL gebaut - was soll der mit mir? Harry meint zwar, ich solle einfach fragen, der würde mir bestimmt eins bauen, aber ich kann mir nicht vorstellen,eine Extrawurst zu bekommen.
ABER DANN: TELEFON
Patrick F. ist dran: „Könntest Du Dir vorstellen, für Daniel Fenn 24 Stunden zu fahren?“ Häääääh???? ?
„Er hat gepostet, er sucht eine Frau für 24 Stunden. Sollen wir Dich vorschlagen?“
Wieso glaubt Patrick, dass ich das kann? Er hat mich noch nie fahren sehen, außer ganz kurz wackelnd auf einem großen Haufen Styropor. Und das war nicht besonders beeindruckend. Überschätzen die mich?
Weil ich so klein und leicht bin, haha?
Ich seh vielleicht sportlicher aus, als ich bin.....
EGAL. KLAR will ich!!!
„Jajajajajaaaaaaaaa!!“, sage ich zu Patrick. „Aber vielleicht nur 12 Stunden.“
„Du solltest wissen, er ist ziemlich schwierig“
Ja, das hatte ich gehört.
Genial, andersartig, laut, vorlaut, unerbittlich, sehr von seinen Fahrzeugen überzeugt. „Lässt nichts anderes gelten“, sagt mein Kollege.
EGAL
Das schau ich mir an. Schwierig kann ich. Bin jahrelang hinter einem ziemlich schwierigen hergefahren. Und lebe noch. Es kommt ja drauf an, welche Art von schwierig. Wenn er von mir Leistung fordert, die ich zu bringen nicht in der Lage bin, geht’s nicht.
Wenn er mich allerdings fördert, in dem er mich bis an meine Leistungsgrenze motiviert und streng ist, aber genau weiß, ab wann es zu viel ist, kann es genau passen.
Seit dem Telefonat mit Patrick habe ich ein extremes Kribbeln im Bauch.
Ich suche im Velomobilforum, was Daniel geschrieben hat, und kann nachlesen, wie Jessie, die Geschäftspartnerin von Patrick mich „feilbietet“
Daniel Düsentrieb: „Suche Frau für 24 h. Ein Evo...........“
Jessie: „Ich hätte da etwas passendes für 12 Stunden. Sie ist eine 1,53 kleine Diva und nimmt keinen Risikozuschlag für Schwanzverlängerung mit passender Hose“
( Schwanzverlängerung und Hosen sind Begriffe für Carbon-Aerodynamik-Verbesserungs- Extrateile, die Daniel erfunden hat und sein Rekordfahrzeug schneller machen.)
Im Zusammenhang mit „Suche Frau für 24 Stunden“ haben viele über die Mehrdeutigkeit geschmunzelt. Ich war überrascht, als Diva bezeichnet zu werden. Jessie hatte mich nur ein einziges Mal für ca. 15 Minuten gesprochen - ich war mir nicht sicher, ob das jetzt positiv oder negativ ist mit der Diva und was ich schon wieder gemacht hab, in den 15 Minuten, um mir so einen Titel zu verdienen...na ja. Besser, als zu langweilig..
Es passiert einige Wochen gar nichts. Ich wusste nicht, dass er lediglich nicht kapiert hatte, dass die Ansage von Jessie ernst gemeint war. Ich denke die ganze Zeit, schade, warscheinlich will er jemand wichtigeren aus der Szene für seinen Rekord. Patrick hatte mir in Dornbirn mögliche Rekorde vorgeschlagen, und dabei auch ein Bild von einer jungen, knackigen, blonden Holländerin gezeigt, die war von der Sporthochschule und Mitte Zwanzig, so was ist natürlich viel passender für ein Rekordprojekt mit Erfolgsgarantie. Ich bin unbekannt, 41 Jahre alt und weiß nicht mal, wie viel Watt ich leisten kann. Immerhin postet er dann, er habe noch keine gefunden, aber gleich noch so was von „Schöns Foto“- war ja klar..
Ich hatte ihn ( natürlich nur aus Recherchegründen :-) ) sofort gegoogelt und herausgefunden, dass er vor gut 10 Jahren einen schweren Motorradunfall gehabt hatte, aufgrund dessen (zertrümmertes Becken, Wirbelbrüche) er ständig gegen Schmerzen ankämpft. Er war trotzdem 2013 Weltmeister in Leer mit dem Velomobil, seine Art, Kurven auf der letzten Rille zu nehmen, wohl legendär. Ein wilder Hund, ungezügelt, aber auch offensichtlich mit viel Liebe für seine Fahrzeuge. Auf einem Youtube- Video kann man sehen, wie er sein Fahrzeug herrichtet - da kann ich beim Anschauen nicht verhindern, dass ich mir SOFORT vorstellen muss, ICH wäre das Fahrzeug. Berührt mit Liebe und Hingabe.
Viele Fotos, wo er gut aussieht, vielleicht etwas zu dünn, andere, auf denen er selbstgefällig, und dann wieder verhuscht rüber kommt. Sehr vielschichtig. Ich war mir ziemlich unsicher, wo ich ihn einordnen soll. Aber die Schmetterlinge, die sich in meinem Bauch breit gemacht haben, gehen einfach nicht mehr weg. Ich weiß ja, dass Fotos gar nichts sagen,
Ausstrahlung, Wesen transportiert das einfach nicht, aber ich denke mir, es macht jetzt mal GAR nichts, wenigstens in Betracht zu ziehen, dass er vielleicht toll ist und mir gefällt.
Natürlich werde ich dann furchtbar enttäuscht sein, wenn ich ihn sehe und er ist blöd - aber bis dahin hätte ich dann wenigstens ein paar schöne, vielleicht sogar unanständige Gedanken gehabt. Es macht mich wahnsinnig, abwarten zu müssen, aber solange ich NICHTS höre, ist es wenigstens kein NEIN.
Ich vertreibe mir die Zeit weiterhin mit Recherche, denn ich will wissen, worauf ich mich einlasse . Es ist ein Riesenunterschied, ob ich von jemandem überredet werde, ein Velomobilbau-Projekt mitzumachen, oder ob ich einer seriösen Firma als Rekordfahrerin empfohlen werde. Oder wenigstens vorgeschlagen. Dann steh ich in der Pflicht, Leistung abzuliefern. Und niemand weiß, ob ich das kann. Wie weit kann ich mich da aus dem Fenster lehnen?
Harry meint, wenn Daniel Rennen fährt, würden reihenweise schmachtende Frauen am Straßenrand stehen, aber von einer festen Freundin wüsste er nichts. Einmal hat er wohl eine attraktive Blonde angeschleppt, aber all das wüsste wohl bei ihm nie irgendjemand so genau. Das ist ja schon mal gut! Andererseits: was bilde ich mir ein, einer, der dauernd in Rumänien oder Holland arbeitet, nirgends fest wohnt, wie will ich mir mit so einem eine Beziehung vorstellen? Kann ich so was überhaupt? Würde ich da zum Weibchen, was am heimischen Herd zerfließt vor sehnsüchtigem Warten? Oder wenn man nie weiß, wie viel Groupies ihm ins Bett folgen wollen? Aber irgendwie gefällt mir der Gedanke an genau so einen. Vielleicht brauche ich einen, der auch wieder geht, der mir meine Freiräume lässt..
uuuuuups...
beim Träumen erwischt...Frau Walde bitte zurück auf den Teppich. Aber pronto!!!
Ich verliere dann auf einem Ausflug mit meinem Minimobil mal wieder ein paar lebenswichtige Teile und strande bei -5 Grad kurz vor Mering. Hilflos umherblickend, ob wohl mein Kollege wieder umdreht, um mich zu retten, traue ich meinen Augen nicht: ein Milan, gefolgt von einem offensichtlich nagelneuen DF schweben den Berg herauf, die freundlich lächelnde Fahrerin teilt mir freudestrahlend mit, sie habe ihr DF vor vier Wochen bekommen, sie wäre überglücklich damit. Ich blicke düster auf mein definitiv - nicht- mehr- fahrbares Minimobil und würde der DF-Fahrerin am liebsten ihr Fahrzeug entreißen. Mein Kollege taucht schließlich auf, holt mich mit meinem Auto ab (sehr nett!!!!) und ich beschließe postwendend, dass Handlungsbedarf herrscht. Ich will ein DF!! SOFORT!!!!!
Nachdem ich all meinen Mut zusammengenommen habe, lasse ich mir die Kontaktdaten von Daniel Fenn geben und verfasse mit dem Aufwand von allerhöchstens 60 Minuten folgenden Text:
Betreff: 24 Stunden „Hallo Daniel Düsentrieb! Wenn Du mir ein DF XS baust, fahr ich für Dich Weltrekord. Grüße, Nici Walde“
Todesmutiges Betätigen des „Senden“-Buttons.
Ich glaub, es war ziemlich gut, dass ich ihn telefonisch nicht erreicht habe, vermutlich hätte ich gestottert, oder schlimmeres..
Am gleichen Abend kommt eine Antwort, in der er vermerkt, er käme gerade vom Training, wäre zu platt zum Schreiben, melde sich später nochmal.
Und dann gehts los:
meine Haupt- und Lieblingsbeschäftigung ist, auf mein Handy zu starren, ob ich E-Mails bekommen habe bzw. wenn eine kommt,stunden - und nächtelang abzuwägen, was zu schreiben das richtige Ergebnis erzielen könnte.
Natürlich ist er skeptisch,
„Ich kenn Dich nicht“, „Mädchen, dann sag mal an, was Du treten kannst“, und „Dann weißt Du wenigstens, was Watt sind.“
Gut, aber ich weiß trotzdem nicht, wie viel Watt ich treten kann. Vor allem nicht 12 Stunden lang...
Erst versuche ich mich bedeckt zu halten, bloß nichts behaupten, was ich dann womöglich nicht halten kann..Aber er ist gnadenlos.
Fotos von mir, die in schmeichelhafter Form bei Google reihenweise auf zu treiben sind, findet er konsequent nicht, er will harte Fakten.
Ich schreibe, dass er mit Sicherheit jüngere und begabtere Sportlerinnen finden kann, als mich, aber was mich besonders macht, wären Ehrgeiz, Erfahrung und gnadenloses Durchhaltevermögen, wenns an die Grenze geht.
Puh. Ich hasse es, mich selbst zu loben. Er ist dann bereit, sich auf ein Treffen einzulassen, schreibt, in ein, zwei Wochen ist er wieder im Lande, dann melde er sich.
Mann oh mann....... - es folgen die längsten drei Wochen meines Lebens.
Ich bin zu nix zu gebrauchen.
Ich habe ein paar Tage frei, und meine größte Sorge ist, er meldet sich genau dann, wenn ich wieder Dienst bis zum Hals hab, und keine Zeit für ihn..
Irgendwann bin ich so ungeduldig, dass ich ihm eine Mail hinterher schicke, ob er nicht - falls sein Rückweg nach Deutschland über München geht - einfach bei mir vorbeikommen will.
Danach wird es noch schlimmer..es kommt nämlich keine Antwort.
Oh je....war das jetzt mal wieder zu forsch Frau Walde..???.....mann, mann, mannnnnn...hoffentlich hab ich das nicht versemmelt...
An meinem letzten freien Wochenende der Osterferien (11.4.2015), fahre ich mit meinem Minimobil nach Bobingen. Eine liebe Freundin hat sich viel Mühe gemacht mit Kaffee und Kuchen-
da kommt eine Mail von „Lausbub Daniel“ :
er ist am Sonntag (12.4.) in Elfershausen, um Rolltests zu machen, ich soll kommen und mein Minimobil mitbringen. Bzw., er wär auch jetzt schon da, ich kann auch sofort kommen..
Mich trifft fast der Schlag..ich kann natürlich nicht mehr still sitzen. Schnell rechne ich durch - bis ich wieder zu Hause bin, gepackt und die gut 300 km nach Elfershausen rumgebracht hätte, ist es Nacht.
So gern ich würde, das ist Quatsch!
Vor allem, den tollen Kuchen stehen lassen, DAS ist Quatsch!!!
Erst recht für jemanden, von dem ich noch gar nicht weiß, ob er es wert ist, auf einen Kaffeeklatsch zu verzichten.
Wie ferngesteuert bringe ich den Nachmittag rum, fahre zurück, packe sinnvolles und sinnloses Zeug in eine Tasche, frage mich, wozu es gut sein soll, mein Minimobil mitzunehmen -
dass ein DF schneller fährt, ist obligatorisch -
und muss mich dann konzentrieren, den grünen Telefonbutton zu treffen, als der Name „Daniel Fenn“ im Display erscheint.
O.k.- tief durchatmen.
Bloß nicht davon beirren lassen, dass mein Kopf leer und meine Zunge gelähmt und pelzig ist... WIESO kann ich jetzt nicht wie ein normaler Mensch ein normales Telefongespräch entgegennehmen????
Meine Stimme klingt etwa drei Oktaven zu hoch und ich bin atemlos, als wär ich gerade drei Stockwerke die Treppen hoch gerannt. Zum Glück müssen wir nur besprechen, wann und wo ich hinkommen soll, und geistesgegenwärtig benutze ich einen Stift, damit ich drei Minuten später noch weiß, was er gesagt hat.
Später erfahre ich, dass er wohl einigermaßen beeindruckt war von meiner Art - hmm. Wahrscheinlich hatte auch bei ihm jemand das Großhirn lahm gelegt, genau wie bei mir.
Er ist zwar beeindruckt, dass ich nur 44 kg wiege, weil dann der Rollwiderstand natürlich unfassbar gering ist beim Fahren eines Velomobils, aber ich merke, dass er auch ein wenig enttäuscht ist, weil er sich wohl unter 44 kg ein unscheinbares, unweibliches Püppchen vorstellt.
Oh, mann, ich weiß eigentlich, dass ich gut aussehe....oooh verflixt.., hoffentlich gefall ich ihm...
In der folgenden Nacht bekomme ich vor Aufregung kein Auge zu, auf der Fahrt nach Elfershausen bin ich dann erst zu früh dran, dann kommt ein Mordsstau, und es ist klar, dass ich zu spät komme. Mist! So ein blöder! Mist!!!!
Ich rufe ihn an, frage, ob man über den Rastplatz illegal von der Autobahn runter kann, aber er weiß es auch nicht - dann geht es plötzlich doch einigermaßen - Stau weg, ich gebe ordentlich Gas, und er ist überrascht, dass ich schon da bin.
Puh. Wenigstens...Und Richard, Weltmeister 2014, ist im selben Stau gewesen, kommt nach mir an, dann geht’s...
O.k.....erst mal fragen, wo ich hinparken soll, bloß noch nicht gucken, ja nicht anmerken lassen, wie aufgeregt ich bin, nicht schauen, konzentrier dich darauf, dein Auto ordentlich weg zu räumen, nicht vor lauter, lauter irgendwie den Abhang runter fallen..-
O.k.- durchatmen- aussteigen. So!
Wo ist er denn ?
Hm. Normal groß, etwas dünn, aber garantiert nicht schmächtig, eigentlich gut, die Klamotten zwar Trainingshose und T- Shirt in Benutzung, aber sieht gut aus. Viele Haare auf dem Kopf
(da kann man gut hineinfassen...pfui!! Sofort aufhören! Nicht so was denken!!!)
..etwas zu unrasiert (fünf- Tage - Bart), aber alles in allem -
PUUUUUUH...JA...Geht!
Ich glaub, das ist, was ich in diesem Moment denke. Nicht jetzt „das ist er“ , aber so „Ja, genau, das könnte gehen.“
Zum Glück ist Richard da, mit Daniel allein, hätte ich wohl den Mund nicht aufgebracht. Es werden dann erst mal ziemlich oft Velomobile den Berg runter geschickt, abwechselnd von Richard und Daniel und ich soll dann auch.
Ich finde es gut, dass ich jetzt nichts wirklich sportlich anstrengendes machen muss, aber ich finde es auch nicht gerade vertrauen erweckend, mit einem Dreirad, das man noch nie gefahren ist, mit 80 km/h und mehr eine Straße des öffentlichen Verkehrs runter zu brettern. Dass Dreiräder umfallen können, weiß ich ja bereits aus eigener Erfahrung. Und so eine Carbon - Superkiste geht vielleicht nicht so leicht zu reparieren, wie mein Minimobil.
Ganz davon abgesehen, dass ein gebrochener Hals (mein Hals) vermutlich irreparabel ist.
Aber irgendwie ist es ein besonderer Tag und ich habe das Gefühl, ich sollte heute mal ein Risiko eingehen. Im schlimmsten Fall würde ich bremsen. Dann ist zwar die Messung beim Teufel, aber mein Hals noch ganz. Es klappt tatsächlich. Das DF von Daniel und das S von Richard kommen heile mit mir unten an, allerdings bei Seitenwind tatsächlich mit ein bißchen Glück, weil ich noch nicht wissen kann, wie sensibel die Lenkung geht. Also beide Male ziemlich viel Adrenalin, wenns um die Kurve geht, aber - Puh - alles noch dran.
Später fahren sowohl Daniel, als auch Richard mit meinem Minimobil den Berg runter, sehr lustig ,
Sardinen in einer Büchse haben deutlich mehr Platz!
Und dann will Daniel eine Fahrt mit seinem DF machen, Richard und ich sollen aus dem Auto filmen, mit Geschwindigkeitsangaben vom GPS. Später erfahre ich, dass er das gemacht hat, damit ICH sehe, was so ein Fahrzeug kann. Ja, aber: ich weiß, dass seine DF schnell sind, besonders, wenn ER fährt..ich weiß nicht, ob ICH darin schnell bin...na ja..
Bevor es los geht, fragt Daniel mich beiläufig, ob ich verheiratet bin.
Ha!! Endlich! Ich hatte zwar die ganze Zeit das Gefühl, nichts übers Knie brechen zu müssen, aber es beruhigt mich doch kolossal, dass erstens mal Schwung in die Sache kommt, und - zweitens - man anhand der Frage ja unschwer erkennen kann, dass es ihn interessiert. Ich sage „Nee“ und er “Echt? Das kann ich gar nicht glauben. Wieso das denn?“
Ha!!!!!
Ich sage ziemlich entspannt, er möge sich doch mal umschauen, was für Männer so rum laufen. Das findet er irgendwie ziemlich gut. Entspricht auf jeden Fall dem, was ich die letzten Jahre so gedacht hab, zu dem Thema.
Mit einer sehr aufgeregten Momo (Hund von Daniel, mag Auto fahren ganz und gar nicht) steigen Richard und ich in Daniels T5, um zu filmen, wie Daniel erst mit unfassbaren 70, 80 und über 90 km/h im Straßenverkehr fährt, und dann schafft, die 100 km/h zu knacken. Ich habe das Gerät zum Aufnehmen, und natürlich geht es nicht, das war wieder klar....
Zum Glück gibt es ein zweites ; man stelle sich mal vor, der fährt da aus eigener Kraft 100 km/h und das Beweisvideo wird nix, weil die Frau zu blöd ist, ein technisches Gerät zu bedienen..... mann, mann, mann.
Auf der Aufzeichnung ist dann eigentlich das lustigste, dass ich die ganze Zeit quatsche. Z.B. fand ich es total blöd, dass ein Autofahrer hupt, als er im Kreisverkehr sehr elegant von Daniel überholt wird, das hört man auf dem Video ganz gut, und Harry ist später sehr böse mit mir deswegen, weil er der Meinung ist, man darf nicht so fahren, wie Daniel das tut. Na ja.
Nach diesem erfolgreichen Abschluss des Rolltest- Tages gehen wir noch zum Essen, und ich bin zwar ziemlich froh, dass ich keinen wirklichen Sport habe machen müssen, aber weiß natürlich auch rein gar nicht, ob ich jetzt Weltrekord fahren soll, oder nicht. Beim Essen ist es ziemlich lustig, ich bin nach einem Radler schon vollkommen angeheitert, in irgendeinem Zusammenhang sage ich, es wäre nicht empfehlenswert, mit mehr als einem Mann auf einmal Sex zu haben - da gucken mich die beiden so verblüfft an, dass ich mich vorsichtshalber erst mal auf die Toilette zurückziehe.
Mist! So ein Mist! Ich mit meiner losen Zunge. Wie soll ich denn jetzt in zwei Minuten erklären, dass ich zwar viele wilde Partynächte mit ausgelassenen Flirts erlebt habe, aber Sex nur dann zulasse, wenn es ein besonderer Mann ist, mit dem es passt... Ich bin der Typ, der auf den Traumprinzen wartet, hatte die letzten ZWÖLF Jahre keine feste Beziehung, war in der Zeit ausschließlich hin und wieder mit einem einzigen im Bett, der ein toller Mann, aber eben nicht passend genug für was richtiges ist...
das eben hat wohl eher geklungen, als wär ich ein Flittchen
....blödes, unkontrolliertes Mundwerk..ICH BIN SO NICHT!!!!!!!!!!!.......Na ja
War dann nicht so schlimm.
Gegen Ende des Abends bohrt Richard dann zum Glück nach, ob jetzt das mit dem Rekord, und vor allem, mit dem Fahrzeug für mich dann abgemacht ist, und Daniel sagt irgendwie „Ja, klar, hab ich doch gesagt“, oder so, und es kommt die Frage auf, ob ich nach Hause fahre, oder da übernachte. Daniel sagt, er muss jetzt nochmal genau nachfragen, wie ich das mit den Männern auf dem Heiratsmarkt gemeint habe, da war irgendwie klar, dass ich mich mal so an ihn hin lehnen muss, wie ein dämlicher kleiner Teenie, woraufhin er sagt „Wenn Du mich heiratest, schenk ich Dir das Velomobil“, was wiederum zur Folge hat, dass Richard sagt, er müsse wohl langsam los.
Als Daniel auf dem Klo ist, bin ich froh, Richard alleine fragen zu können, ob er das machen würde an meiner Stelle, ich muss ihm gar nicht erklären, dass ich nicht nur das Übernachten, sondern auch das mich möglicherweise auf Daniel einlassen in einem feuerwehrartigen Tempo meine. Richard sagt, wenn Daniel sich mal entscheidet, wird man ihn nicht so schnell wieder los ( keine Ahnung, ob ich das beruhigend finde, oder es mir Angst macht...vielleicht von beidem etwas..) und-- ich
solls probieren.
Aber was für ein Risiko.. Alles so schnell..Ich weiß doch gar nicht, wer er ist..
Alles: erst mal kennenlernen, erst mal schauen, obs passt, sich um den anderen bemühen, ohne zu wissen, ob man Erfolg haben wird , die ganze Spannung – alles hinfällig.
Aber irgendwie auch Quatsch, wenn das Gefühl sagt, da steht vermutlich der Richtige vor mir, was soll da nach so langer Zeit ohne Mann so ein Getue, das kann man dann doch irgendwie überspringen. ABER - Wenn er jetzt ein Fahrzeug für mich baut, und wir stellen fest, dass wir doch nicht zusammen passen, dann sieht es so aus, als hätte ich nur mit ihm was angefangen, um ein Velomobil zu kriegen...toll..so ein Mist, mal wieder, wie mans macht.....
kann mir zwar egal sein, was die Leute sagen, aber für IHN könnte es so aussehen, und ich hätte dann ein rabenschwarzes Gewissen.....
aber zum Glück habe ich an diesem Abend überhaupt keine Zeit, diese Hätte, Wenn und Würde zu vertiefen - Richard fährt nach Hause, und ich beschließe, aufs Ganze zu gehen, endlich mal wieder was tendenziell beklopptes machen, ich willige ein, bei Daniel im Auto zu schlafen.
Erst nehmen wir ein kurzes Bad im ca. 7 Grad kalten Fluss (brrrrrrr....), dann muss ich noch entscheiden, ob ich mit IHM mit fahre auf die Ranch, den Platz, wo er übernachten will, oder mein Auto mit zu nehmen. Mein Auto stehen lassen, heißt, dass ich, wenns irgendwie blöd läuft, nicht weg kann, aber auch da denke ich „Wenn schon, denn schon“.
Ich sage ihm, ich muss da bloß noch eine Kleinigkeit wissen - und umarme ihn ganz fest- das ist mir wichtig - checken, wie er sich anfasst, anfühlt ob er „richtig“ riecht, ob irgendwas an ihm für mich unangenehm ist.
Wär da irgendetwas doof gewesen, ich wäre nicht in sein Auto gestiegen. ABER - ich hätte am liebsten gar nicht mehr los gelassen, und er muss dann lachen, als ich sage „O.k., das geht!“
Er ist dann ziemlich sportlich mit seinem T5 auf diese „Alm“ gefetzt – ich hatte die letzten Jahre eigentlich immer etwas Angst bei anderen Fahrern, wenn die überdurchschnittlich schnell unterwegs sind, aber bei ihm hat sich ziemlich schnell eine Art Urvertrauen entwickelt.
Ich kann fühlen, dass er ALLES sieht, dass er zwar riskante Manöver fährt, aber NIE, wenn es für sein fahrerisches Können nicht noch hundertprozentig im grünen Bereich ist. Später hab ich mal diesen Handgriff auf der Beifahrerseite zerstört, weil ich noch nicht in der Lage war, bei seinen Kurven auf der normalen Sitzposition zu bleiben, mittlerweile kann ich sehen, was er machen wird und muss mich nur noch in die richtige Richtung lehnen. Leider kann ich trotzdem nicht so schnell den Verkehr überblicken,wie er. Aber immerhin fahr ich wesentlich besser Auto, seit ich ihn kenne, weil ich mehr sehe, als vorher. Und sinnvoller reagiere.
So. Er fühlt sich also gut an - das ist für mich eine sehr positive Überraschung, weil in den letzten Jahren immer irgendetwas nicht gepasst hat, wenn ein Mann weniger als 50 cm Abstand zu mir hatte. Keine Ahnung, wieso.
Es ging mir bei dem Umarmungstest auch lediglich um die Frage, ob ich in einem Auto eine ganze Nacht lang ziemlich nah bei ihm sein will. Und ich kann fühlen, dass ich mit ihm keinen Stress kriegen werde, wenn es „einfach nur im Auto übernachten“ ist und sonst nichts. Bei dem, was ich von ihm gehört hatte, dass den Frauen reihenweise der Sabber aus dem Mund läuft, wenn er im knappen Höschen aus seinem Fahrzeug aussteigt, hätte ich eigentlich gedacht, dass er öfter mal Groupies vernascht. Aber so wie er jetzt ist, hab ich keinerlei Bedenken, mit zu gehen. Und so, wie er mit mir umgeht, bin ich keine Groupienummer. Ich meine selbst wenns so wäre... - mit so einem richtig guten Sex zu haben, würde mir sicher nicht schaden.
Aber bei dem, was wir jetzt vor haben
( Weltrekord! ),
wäre es dämlich.
Aber wie gesagt, die Frage stellt sich gar nicht. Er scheint gar nicht der Typ für One - night - stands. Eigentlich wirkt er eher wie jemand, der mit Frauen gar nicht so viel zu tun gehabt hat. Auf eine gute Art, und so, dass ich fast Bammel habe, es könnte nicht passen und ich breche dann IHM das Herz. Denn mein eigenes Herz hat schon einiges eingesteckt, ich will auf gar keinen Fall irgendwem weh tun, wenn es sich vermeiden lässt, ich weiß ja, wie blöd sich so was anfühlt..
Aber jetzt ist es, wie es ist, ich fahre mit und die Nacht ist fast ohne Schlaf, mit viel Gespräch, da liegen Arm in Arm, Sterne anschauen und irgendwie wahnsinnig viel Nähe. Ich bin morgens auch gar nicht müde, es ist alles so warm und wohlig. Ich muss leider nach München zurück, aber beim Verabschieden habe ich schon das sichere Gefühl, dass ich ihn nicht freiwillig wieder her geben will. Auch wenn klar ist, dass eine Beziehung mit jemandem wie ihm Arbeit bedeutet, weil er in seiner sozialen (oder unsozialen) Art doch sehr eigen ist, nicht gewöhnt, sich auf irgendetwas einzulassen und extrem in seinen Ansichten bzgl. Staat und Ottonormalverbraucher. Ich gebe ihm ja recht, dass der gemeine Mensch ziemlich blöd ist und die Machenschaften von Staat und Medien kriminell, aber meine Einstellung ist die, dass ich mir von allem, was ich nicht ändern kann, nicht die Laune verderben lasse. Und aber ALLES, was ich ändern KANN, versuche zu ändern, angefangen bei mir selbst. Ich bin auch der Meinung, dass es etwas ausmacht, wenn ich gute Laune und ethische Verhaltensformen an den Tag lege, je mehr Leute das machen, desto mehr ändert sich insgesamt. Aber das ist für einen genialen Kopf, der zwar seine unfassbar guten Entwicklungen im Fahrzeugbau zum größten Teil mit seiner blockadefreien Intuition erreicht hat, aber insgesamt ausschließlich seine logische Intelligenz benutzt vielleicht schon zu spirituell angehaftet. Und das ist mein größtes Fragezeichen: Ob jemand, der alles, was man nicht sieht, kategorisch ablehnt, auf Dauer mit mir klar kommt. Na ja.
Auch diese Frage findet erst mal keinen Raum, ich muss zurück nach München.
Bei der Verabschiedung stellt er schon die Frage, was das da jetzt eigentlich ist zwischen uns, ob er jetzt eine Freundin hat.
Ich weiß kein Argument dagegen.
Irgendwie ist das jetzt ja nicht Irgendwas.
Ich will ihn ja sowieso nicht loslassen.